Christian Diller

Spuren der Re-Institutionalisierung: Ergebnisse einer empirischen Untersuchung von Regionalen Kooperationen in Deutschland

1. Hintergrund: Die Inflation regionaler Steuerung in kooperativen Netzwerken

Was früher einmal Planung genannt wurde, nämlich die von öffentlichen Akteuren mit beeinflußte Steuerung räumlicher Entwicklungen, hat auch auf der regionalen Ebene inzwischen eine völlig andere Quantität und Qualität bekommen. Es waren zum einen die Dezentralisierungsstrategien der Fachpolitiken der EU und der Bundesländer, zum anderen die Einsicht in die Notwendigkeit der „Kooperation von unten" seitens der Kommunen, die dazu geführt haben, daß sich in Deutschland mittlerweile eine nahezu unübersehbare - es dürften etwa 350 - 450 sein - Fülle von interkommunalen und regionalen Kooperationen findet, die sich mit der Lösung regionaler Konflikte oder der Initiierung regionaler Entwicklung befassen, die aber in keinen Landesgesetzen verankert sind. Regionalkonferenzen, Städtenetze, Regionalmarketingansätze und – mit einer stärkeren Konflikt- und Standortorientierung und einer zeitlichen Limitierung, aber durchaus strukturellen Parallelen zu den vorgenannten Kooperationen – Mediationsverfahren sind hier nur die wichtigsten Kooperationsetiketten. Dieser Zahl, um einen Vergleichsmaßstab zu nennen, stehen nicht einmal 100 rechtlich verankerte Institutionen gegenüber, die vor allem mit der Erstellung von Regionalplänen betraut sind.

Es ist mittlerweile die Regel, nicht die Ausnahme, daß sich in einer Region mehrere solcher neuen regionalen Kooperationen überlappen. Deren Akteure sind nicht selten identisch und beklagen „Konferitis-Syndrome". Hinter den Kooperationen einer Region stehen aber meist unterschiedliche Strategien, Inhalte und Machtpromotoren auf regionaler und Landesebene. Diese Kooperationen haben zwar nicht immer die erwarteten Erfolge gezeitigt. Aber die meisten von Ihnen – und das macht sie so interessant – haben (wenn auch meist unterhalb der Ebene großer Infrastruktur) mittlerweile sichtbare Projekte realisiert und, das ist wohl ihre noch wichtigere Qualität, unter den Akteuren weiche Effekte wie die Bildung von Vertrauen und Regionalbewußtsein hervorgerufen, die auch auf andere Aktivitätsbereiche ausstrahlen.

Auf der anderen Seite scheinen die etablierten Instrumente und Institutionen der regionalen Steuerung zwar als rechtliche Grundlage unentbehrlich zu sein, jedoch in ihrer tatsächlichen Lenkungswirkung weitgehend ausgedient zu haben. Verglichen mit den eher informellen Kooperationen gelten sie in ihrer Programm- und Planorientierung, ihrem immer ausdifferenzierten System von Zielen und Grundsätzen, noch eher als Verhinderer denn als Förderer regionaler Entwicklung. Von Regionalplänen spricht derzeit, nach dem die erste Generation nun auch in den neuen Bundesländern aufgestellt ist, kaum noch jemand. Und wenn doch, so wird vor allem gefordert, daß sie radikal verschlankt werden sollen (Fürst/Peithmann 1999). Große etablierte regionale Planungsinstitutionen sind permanent von Auflösungserscheinungen zumindest bedroht, wenn nicht gar – so jüngst der Umlandverband Frankfurt – tatsächlich betroffen. Regionalplanungsstellen sind sich des Bedeutungsverlustes ihrer traditionellen Instrumente bewußt und suchen sich – wenn sie überhaupt noch agieren - etwas ratlos ihren Platz im Netzwerk dieser neuen regionalen Kooperationen.

Diese Beobachtungen sind kein Spezifikum der Steuerung regionaler Entwicklung, sie liegen im schon länger diagnostizierten allgemeinen Trend gesellschaftlicher, ökonomischer und politischer Entwicklungen: Erfolgreiche Steuerung scheint sich generell nicht mehr in festen Institutionen und normierten Prozeduren zu vollziehen, sondern zunehmend das Ergebnis von flexiblen Interaktionen zwischen Akteuren in Netzwerken zu sein. Wir scheinen uns auf dem Weg in die „Netzwerkgesellschaft" zu befinden (vgl. Messner 1995).

Dieser Netzwerkbegriff, zusammen mit „Nachhaltigkeit" und „Globalisierung" wohl das Keyword des letzten Jahrzehntes, ist eminent attraktiv, suggeriert er doch Postmodernität, Freiheit von Hierarchien und starken Bindungen, Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Dynamik und Innovationskraft in einem und verweist – Redundanz ist ein zentrales Merkmal von Netzwerken – (vgl. Grabher 1993) sogar den herkömmlichen Effizienzbegriff in die alte Welt der starr arbeitsteilig verfahrenden hierarchischen Institutionen.

Wo beginnt eine Institution und wo endet ein Netzwerk? Die Forschung hat diese Frage nicht einheitlich oder gar befriedigend beantworten können. Sicher ist nur: Netzwerke liegen irgendwo zwischen dem Markt, als Interaktionsort atomisierter Akteure, und hierarchischen Institutionen mit festen Regularien (vgl. Powell 1990). Zwischen diesen Polen gibt es jedoch viele Stufen und damit Netzwerktypen. Hier werden drei formuliert, wobei das Merkmal der festen Rechtsform, weil empirisch operationalisierbar, ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal bildet:

Kooperative Netzwerke weisen festere Bindungen der Akteure auf als ungerichtete Netzwerke, weil sie primär auf einen gemeinsamen Zweck gerichtet sind. Wenn sich dieses gemeinsame Handeln in einer festen Rechtsform niederschlägt, sprechen wir von einer institutionellen Kooperation. Diese hat bereits Merkmale einer formellen Organisation, sie ist jedoch jünger, weniger fest in der Region verankert, mit weniger Kompetenzen ausgestattet und hat einen offener definierten Aufgabenkreis.

 

 

Formelle Organisationen

Institutionalisier-te Kooperationen

Komplementäre Kooperation mit fester Rechtsform

Kooperative Netzwerke
Komplemetäre Kooperation ohne eine Rechtsform

Ungerichtete Netzwerke

Antagonistische Kooperation

Markt

– Grad der Kopplung zwischen den Akteuren +

 

Abbildung 1: Die untersuchten Kooperationen im Kanon unterschiedlicher Steuerungsformen (Eigene Darstellung)

Kooperative Netzwerke und Institutionelle Kooperationen sind ihrerseits – je nach Betrachtungswinkel - wiederum Netzwerkbausteine großer regionaler Akteursnetze.

Sie sind Gegenstand dieser bundesweiten Erhebung, die im Rahmen des Dissertationsvorhabens des Autors 1999 durchgeführt wurde. Diese Befragung von zentralen Akteuren der Kooperation besitzt einen hohen Grad an Repräsentativität: Von den angeschriebenen Akteuren in 269 ermittelten regionalen Kooperationen sandten 143 den ausgefüllten Fragebogen oder analoges Material zurück. Das entspricht einem direkten Rücklauf von 52,8%. Dazu kommen noch zehn Kooperationen, für die die Angaben aus vorliegenden Quellen ergänzt wurden. Geht man davon aus, daß in der systematischen Vorerhebung zur Befragung mindestens zwei Drittel aller relevanten regionalen Kooperationsansätze in Deutschland erfaßt wurden, so repräsentieren die nunmehr weiter untersuchten Beispiele gut ein Drittel aller tatsächlich existierenden hier interessierenden regionalen Kooperationen.

Nachfolgend werden ausgewählte Ergebnisse der Erhebung vorgestellt. Im Vordergrund steht dabei zum einen die Frage nach der inneren Struktur der Kooperation, zum andern werden Faktoren betrachtet, die die Zufriedenheit der befragten Akteure mit der Kooperation erklären.

2. Ausgewählte Ergebnisse der bundesweiten Erhebung

2.1 Strukturmerkmale der Kooperationen

64% der hier untersuchten Kooperationen verfügen über keine feste Rechtsform, sind also als „Kooperative Netzwerke" (KN) zu bezeichnen. In 36% der Fälle handelt es sich um „Institutionalisierte Kooperationen" (IK), die über eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Form verfügen. Diese Verteilung war grundsätzlich geeignet, um aussagekräftige Ergebnisse zu weiteren strukturellen Unterschieden der beiden Grundtypen von Kooperationen herauszuarbeiten.

Zwei Typisierungen wurden entwickelt, zum einen eine Typisierung, die bestimmte Etiketten beinhaltet, wie „Regionalkonferenzen" und „Städtenetze", (Kooperationstyp I), zum andern eine Typisierung, die den inneren Aufbau der Kooperationen widerspiegelt (Kooperationstyp II). Sie verfeinern die Differenzierung in IK und KN durch die Einbeziehung weiterer Merkmale (Gremienzahl, Alter, Akteurszahl, Themenzahl).

Es fallen gewisse Überschneidungen auf, wenn man die beiden Typisierungsansätze gegenüberstellt. Die in der Literatur häufig diskutierten Städtenetze und Regionalen Entwicklungskonzepte / Regionalkonferenzen finden sich überproportional häufig in den beiden Strukturtypen „Kooperative Netzwerke und Institutionalisierte Kooperation mit hoher Strukturkomplexität" (viele Gremien und Themen) und „Große Kooperative Netzwerke" (mit vielen Akteuren). Mediationsverfahren und analoge Ansätze sind sehr häufig dem Typus „sehr junge kooperative Netzwerke" zuzuordnen. Trotz dieser Überschneidungen ergänzen sich diese Typisierungen vor allem bei den Kooperationen, die, wie etwa die Regionalmarketingansätze, durch eine sehr hohe Variation der Strukturmerkmale gekennzeichnet sind.

Die Auswertung ergab einige interessante Aufschlüsse über Unterschiede in der inneren Struktur von Kooperationen:

Mediationsverfahren und standortbezogene Kooperationen haben die geringste Anzahl an Gremien, in regionalen Kooperationen und Städtenetzen ist diese am höchsten (Tab. 1).

Regionalmarketingansätze und Mediationsverfahren haben die größte Sitzungsdichte der Gremien.

Die Kooperationen, in denen im Durchschnitt 5,6 Jahre seit den ersten Akteurskontakten und 4,1 Jahre seit der festen Kooperationsvereinbarung (nicht zwingend identisch mit der jetzigen Rechtsform) vergangen sind, weisen im Durchschnitt vier bis fünf Gremien (die Arbeitsgruppen sind dabei als nur ein Gremium gezählt) gerechnet auf. Die typische Struktur (in Reinform in einem Drittel der Kooperationen vorhanden) besteht aus einem Element zentraler Versammlungen (Konferenzen), einem Element strategischer Steuerung (Lenkungsgruppe), einer operativen Koordinationseinheit, aus vier Arbeitsgruppen sowie einem weiteren Element aus einem Katalog von über 40 weiteren Strukturelementen (Abb. 2).

Durchschnittlich bestehen die hier untersuchten Kooperationen aus 53 Teilnehmenden und alle ihre Gremien tagen im Durchschnitt viermal jährlich. KN (durchschnittlich 59 Personen) und IK (durchschnittlich 48 Personen) unterscheiden sich insgesamt nicht signifikant in ihrer Personenzahl. Städtenetze und sonstige interkommunale Kooperationen weisen die geringste, REK/Regionalkonferenzen und Regionalmarketingansätze die größte Personenzahl auf (Tab. 2)

Überraschend ist folgendes Ergebnis: IK sind zwar etwas älter als KN und weisen etwas mehr Gremien auf, die Unterschiede sind jedoch nicht signifikant. Unterschiede bestehen vor allem in der Vorlaufphase, der Zeit zwischen des ersten Akteurskontakten und der festen Kooperationsvereinbarung. Sie fällt vor allem bei den insgesamt jungen Mediationsverfahren und standortbezogenen interkommunalen Kooperationen sehr kurz aus, IK und KN als ganzes unterscheiden sich hier jedoch nicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbildung 2: Typische Aufbaustruktur der untersuchten Kooperationen (eigene Darstellung)

2.2 Themen, Ergebnisse und Erfolgsbewertungen der Kooperationen

Die Ergebnisse und die Effizienz der Kooperationen wurden in der Erhebung auf zweierlei Weise ermittelt. Zum einen wurden Themen, Aktivitäten und Effekten offen abgefragt. Hier hatte die Erhebung eher explorativen Wert. Zum anderen nahmen die Befragten eine zusammenfassende Erfolgsbewertung der Kooperation auf einer sechsstufigen Rating-(Schulnoten-) Skala vor; und hierzu lieferte die Untersuchung quantitativ statistisch signifikante Ergebnisse.

2.21 Themen und Ergebnisse

Die wichtigsten sichtbaren Ergebnisse dieser Projekte sind zum einen Projekte, zum andern (im Falle der Mediationsverfahren) Vereinbarungen zum weiteren Umgang mit dem Konflikt. Hervorzuheben ist dabei zunächst, daß es keine Themen gibt, die sich nur in KN oder nur in IK bearbeiten lassen; ebenso gibt es keine Aktivitäten und auch keine Effekte, die nur in dem einen oder anderen Typus auftreten.

Geringe Unterschiede zeigen sich in sofern, als daß IK im Durchschnitt etwas mehr Themen als KN bearbeiten und daß die Themen Wirtschaft / Tourismus sowie Wohnen, Bildung, Kultur eher in IK behandelt werden, während bei KN vor allem das Themenfeld Standortfindung für technische Infrastruktur auffällt. Mit diesen leicht unterschiedlichen Themensetzungen hängen vermutlich auch geringe Unterschiede in den durch die Kooperation hervorgebrachten Effekten zusammen: IK nennen etwas häufiger den Effekt des Abbaus von Konkurrenzen und die Schaffung einer regionalen Identität, KN dagegen eher Effekte, die auf einen insgesamt höheren Konfliktlevel der Kooperation schließen lassen: „Akzeptanz von Spielregeln", „Abbau von Extrempositionen" und „Abbau von Mißtrauen".

Wichtig sind weiterhin folgende Erkenntnisse:

Auf eine steigende Zahl von Themen reagieren Kooperationen mit einer Ausdifferenzierung ihrer Gremien; ihre Personenzahl und auch die Sitzungsintensität der Gremien bleibt davon unberührt.

Themen, die zur regionalen Entwicklung beitragen (Wirtschaft / Tourismus, Humankapital, Verkehr) werden eher in strukturell ausdifferenzierten und in eher größeren Kooperationen (z. B. REK mit Regionalkonferenzen) behandelt. Wenn es um konkrete standortbezogene Konflikte (Flächen, technische Infrastruktur) und Fragen des Ressourcenschutzes geht, werden diese dagegen eher in strukturell kleineren kooperativen Netzwerken (z. B. Mediationsverfahren) bearbeitet.

Es gibt jedoch auch immer zahlreiche Gegenbeispiele. Eine durchgängige oder gar zwingende Zuordnung der Strukturen der Kooperationen zu den Themen, Aktivitäten und Effekten kann nicht verzeichnet werden. Dennoch sind diese Ergebnisse vor allem deswegen bemerkenswert, weil zum Teil eher das Gegenteil zu erwarten war. Themenfelder wie Wirtschaftsentwicklung und Tourismus, die traditionell eher zu den „weicheren" Bereichen im Handeln öffentlicher Akteure auf der regionalen Ebene zählen, werden mittlerweile selbstverständlich von Institutionalisierten Kooperationen bearbeitet. Umgekehrt werden Themen wie die technische Infrastruktur, die traditionell in festgefügten Institutionen innerhalb geregelter Prozeduren bearbeitet wurden, nun auch häufig in den als „weicher" einzuschätzenden Kooperativen Netzwerken bearbeitet.

2.22 Erfolgsbewertung

Spektakulärer als die nur tendenziellen Unterschiede in Themen, Aktivitäten und Effekten zwischen KN und IK sind die Differenzen in der Erfolgsbewertung der Kooperationen aus der Sicht der befragten Akteure. Derlei Messungen subjektiver Bewertungen scheinen zwar allgemein weitgehend aus der seriösen Sozialforschung in die Meinungsforschung verbannt. Angesichts der nahezu unüberwindlichen Schwierigkeiten einer adäquaten Messung des objektiven Outputs von Kooperationen sind sie jedoch durchaus hilfreich und geben zumindest weiterführende Hinweise. Subjektive Bewertungen haben zwei unschätzbare Vorteile: Die Befragten beziehen nämlich zum einen auch nicht objektiv meßbare Kooperationsergebnisse wie gestiegenes Vertrauen oder gemeinsame Identität mit in die Bewertung ein. Zum andern setzen sie die Kooperationsergebnisse – bewußt oder unbewußt – in Relation zu dem von Ihnen oder anderen geleisteten Aufwand. Die individuell gegebene Note mag von subjektiven Zufällen geprägt sein, die sich jedoch tendenziell neutralisieren, wenn ausreichend große Gruppen miteinander verglichen werden.

IK erhielten auf einer sechsstufigen Schulnotenskala eine Durchschnittsnote von 2,36, KN dagegen von 2,74. Die Differenzen treten erst in den Gruppen der Kooperationen, in denen mehr als vier Jahren seit den ersten Akteurskontakten vergangen sind, auf (Tab. 3). Auch gibt es Unterschiede in der Erfolgsbewertung zwischen den Rechtsformen (Tab. 4).

Auf den ersten Blick muten diese Unterschiede zwar nicht gravierend an. Angesichts der Fallzahlen sind sie jedoch statistisch hochsignifikant! Wie hoch diese Unterschiede zu bewerten sind, zeigt sich vor allem, wenn die deutlich geringeren oder gar nicht vorhandenen Zusammenhänge der Erfolgsbewertung zu anderen Strukturmerkmalen betrachtet werden.

Es gibt insgesamt keine signifikanten Unterschiede zwischen den Kooperationstypen I, was die Erfolgseinschätzung der Kooperationen durch die Befragten angeht. Auffallend ist allerdings die schlechtere Erfolgsbewertung der Mediationsverfahren, der Teilraumgutachten und der Ansätze der Freiraumentwicklung. Zum Teil ist das zu erklären: Mediationsverfahren stellen den konfliktträchtigsten Typus von Kooperationen dar; Teilraumgutachten als „Großmutter" teilregionaler informeller Entwicklungsplanung sind derjenige Typus, der von den betrachteten Kooperationstypen vermeintlich noch die geringste Prozeß- und Umsetzungsorientierung aufweist. Beides könnte Erfolgserlebnisse erschweren (Tab. 5).

Die als Ergebnis der Strukturanalyse neu gebildeten feiner differenzierten Kooperationstypen (II) weichen insgesamt in ihrer Erfolgsbewertung nicht signifikant voneinander ab. Folgendes aber läßt sich deutlich ablesen: Ältere, komplex organisierte, durch eine Rechtsform institutionalisierte und mit einer großen Zahl von Personen arbeitende Kooperationen werden tendenziell besser eingeschätzt als kleine, jüngere, flexibel netzwerkartig arbeitende Kooperationen! Idealtypisch steht am positiven Ende der Skala der Typus der institutionalisierten Kooperation mit hoher Strukturkomplexität (Note 2,1) und am anderen Ende die sehr kleinen Kooperativen Netzwerke (Note: 3,3) (Tab. 6).

Neben dem Vorhandensein einer Rechtsform wirkt sich also eine große Personenzahl, eine größere Gremien- und Arbeitsgruppenzahl und eine hohe Sitzungsintensität der Steuerungselemente und eine Vielzahl von Themen positiv auf die Erfolgseinschätzung aus. Die Bearbeitung der Themen Wirtschaft/Tourismus, Wohnen/soziale Infrastruktur, Bildung, Kultur und Verkehr führt ebenso zu einer besseren Erfolgsbewertung. Wie alt die Kooperation ist, spielt demgegenüber eine geringere Rolle für die Erfolgsbewertung.

3. Gesamteinschätzung der Befragung: ein Beitrag zur Enttarnung des „Mythos Netzwerke"

Die deutlich bessere Erfolgsbewertung der Institutionalisierten Kooperationen gegenüber den Kooperativen Netzwerken ist sicherlich das prägnanteste Ergebnis dieser Erhebung. Es ist durchaus dazu angetan, die in der Literatur der neunziger Jahre bisweilen fast euphorisch vorgetragenen Argumente der Überlegenheit loser Kooperationen gegenüber festen Institutionen neu zu überdenken und schließt sich damit an Arbeiten der letzten Zeit an, die die empirische Bedeutung von Netzwerken für regionale Entwicklungen deutlich nüchterner sehen, wenn nicht gar einen Mythos diagnostizieren (vgl. Hellmer et al. 1999).

Empirisch erhärtet ist mit der Befragung eine Beobachtung, die sich auch bei der Betrachtung einzelner Kooperationen zeigt. Wird nicht nach einer gewissen Zeit (eine Spanne von drei bis vier Jahren erscheint hier als ein typischer Zeitraum) entweder der von vornherein eng definierte Kooperationszweck erreicht wird oder bei einem weiter definierten Zweck das kooperative Netzwerk in eine institutionalisierte Kooperation transformiert, also zumindest eine kommunale Arbeitsgemeinschaft, ein Zweckverband, ein Verein oder eine GmbH gegründet, so verschlechtert sich die Erfolgsbewertung signifikant.

Natürlich ist auch die umgekehrte Aussage möglich, daß nämlich die Kooperationen nicht institutionalisiert werden, weil sie sich nicht bewährt haben. Auch können die Befunde auf Basis einer subjektiven Einschätzung der beteiligten Akteure die These, daß IK objektiv Leistungen erbringen, die KN nicht erbringen können und umgekehrt, weder statistisch signifikant bestätigen noch widerlegen. Sie geben aber einen deutlichen Hinweis darauf, daß IK letztlich in den Augen der beteiligten Akteure erhebliche Vorteile gegenüber KN aufweisen, die ihre Nachteile überwiegen. Diese Vorteile der IK werden den beteiligten Akteuren um so bewußter, je länger die Kooperationen andauern und je mehr sie in Phasen gelangen, in denen gemeinsame Zielsetzungen auch in Ergebnisse umgesetzt werden müssen. Es sind in erster Linie:

die leichtere Zugangsmöglichkeit zu finanziellen Ressourcen;

die höhere Leistungsfähigkeit im Sinne des herkömmlichen Effizienzbegriffes aufgrund der klareren Verteilung von Aufgaben, der eingespielten Prozeduren und Routineabläufe;

die stärkere Selbstverpflichtung zum dauerhaften Engagement der Akteure;

die tendenziell höhere politische Akzeptanz und demokratische Legitimation nach außen.

Die in den letzten Jahren entstandenen zahlreichen Kooperativen Netzwerke auf der regionalen Ebene könnten daher eine Übergangserscheinung sein. Ein Teil von ihnen wird sich institutionalisieren und mittelfristig etablierte Institutionen (so wie die in Diskussion oder in Auflösung verbindlichen Regionalverbände) in einigen Aufgabenbereichen ersetzen; ein großer Teil der Kooperativen Netzwerke wird ganz absterben. Es ist angesichts dieser permanenten Transformation und der latenten Tendenz zur Institutionalisierung der einzelnen Kooperationen nicht einmal ausgeschlossen, daß wir es in einigen Jahren wieder mit einer übersichtlicheren Zahl von festgefügteren regionalen Kooperationen zu tun haben werden. Auch eine Netzwerkgesellschaft kreiert also ihre dauerhaften Institutionen. In welchem Maße dies geschehen wird, wird vor allem auch davon abhängen, auf welche überregionalen Impulse Regionen und Kommunen in Zukunft reagieren müssen.

4. Tabellen

Tab. 1: Strukturmerkmale nach Kooperationstyp I

 

 

Tab. 2: Merkmale der Kooperationsytypen II

Tab. 3: Gesamteinschätzung der Kooperation in institutionalisierten Kooperationen und in kooperativen Netzwerken nach Zeitraum seit den ersten Akteurskontakten

Tab.4 Gesamteinschätzung der Kooperation nach Art der Rechtsform

Tab.5 Gesamteinschätzung der Kooperation nach Kooperationstyp I

Tab.6: Gesamteinschätzung der Kooperation nach Kooperationstyp II

 

5. Die Namen der untersuchten regionalen Kooperationen

Die im Rahmen der Dissertation untersuchten als Fallstudien vertiefter zu untersuchenden Kooperationen sind hervorgehoben.

Institutionalisierte Kooperationen

AG Netzwerk Dübener Heide; AK Lebens- und Wirtschaftsraum Landkreis Cham; Aktion Mitteldeutschland e. V.; Aller-Leine-Tal-Projekt

Bergbaufolgelandschaft Geiseltal; Chancen Region Mainfranken; Chiemseekonferenz

Entwicklungsagentur östliches Ruhrgebiet: Entwicklungsleitbild im Sächsischen Wirtschaftsdreieck Crimmitschau-Glauchau-Meerane; EXPO Nordhessen; Forum Mittelrheintal eV

Gesellschaft Revitalisierung der Uranerzbergbau-Folgelandschaft Ostthüringen; Handlungs- und Raumnutzungskonzept Mittelrheintal; Interkommunale Zusammenarbeit Hunsrück/Mosel

Klosterbezirk Altzella; Kommunale Arbeitsgemeinschaft Elsterraum; Kommunale Arbeitsgemeinschaft Östliches Thüringer Schiefergebirge; Kommunale Arbeitsgemeinschaft Unstrut-Helme-Gebiet; Kommunaler Abfallentsorgungsverband Niederlausitz; Kuratorium Hochfranken e. V.

Oberfranken Offensiv Regionalmarketing; Oberzentraler Städteverbund Südthüringen; Ostwestfalen-Lippe-Marketing GmbH;

Perspektiven für den Dresdner Heller; PRO-Regio Darmstadt; Regio Köln/Bonn und Nachbarn e. V.

Region Burgwald; Region Nürnberg e.V.; Region Starkenburg; Regionale Heilgarten 2000; Regionalforum Hannover; Regionalforum Oberfranken

Regionalmarketing Oberpfalz; Regionalmarketing Rhön; Regionalmarketing Rudolstadt

Regionalpark Barnimer Feldmark; Regionalpark Krämer Forst; Regionalpark Müggel-Spree; Regionalverband Südniedersachsen

REK Flensburg/Schleswig; REK Gipskarstlandschaft Südharz; REK Ostharz; REK Spessart; REK Südl. Landkreis Saalfeld-Rudolstadt; RESON, Reg. Entwicklungsagentur Südostniedersachsen

Städtenetz H.O.L.M; Städtenetz MAI; Städtenetz QUADRIGA; Städtenetz S.E.H.N; Städteverbund Städtedreieck am Saalebogen

Technologieregion K.E.R.N; Technologieregion Karlsruhe

Verein Natur- und Lebensraum Rhön e. V.; Wirtschaftsregion Chemnitz-Zwickau; Zweckverband Knüllgebiet

Kooperative Netzwerke

Abfallkonzept Nordschwarzwald; Abfallplanung Nordschwarzwald; Abfallwirtschaftsprogramm Berlin; AG Dorferneuerung Gonzerath; AK Entwicklungsschwerpunkt Hochwald; AK Lahntourismus; Arbeitsgemeinschaft Saar-Lor-Lux; ARGE Abfallverband Lausitz; ARGE Regionale Entwicklungszentren Brandenburg;

Elbschlickforum Niedersachsen; EXPO Ostniedersachsen; Forum Elbtalaue; Gemeinde- und Städteverbund Mittleres Werratal;

Gemeindeforum Havelseen; Gemeinsame Landesplanung Bremen/Niedersachsen; Gesprächsrunde Oberpfalz; Grüner Ring Leipzig

Initiative Schwaben-Marketing; Initiativkreis Konfliktbewältigung im Bodenabbau Niedersachsen; Integriertes Entwicklungskonzept Amt Wiedinghorst-Tandower Marsch; Interkommunale Einzelhandelskonzeption Koblenz/Neuwied; Investition-in-Gesundheit-Projekt Westsachsen

Klärschlammdialog Niedersachsen; Kommunale Arbeitsgemeinschaft Wesermündung; Kommunaler Zweckverband Geiseltalsee; Kompetenzcluster Mittleres Mecklenburg; Kooperation im LK Coburg und Hildburghausen; Kooperation Raum Ingolstadt;Kooperationsraum Bodensee-Oberschwaben;

Landesarbeitskreis AGENDA 21 Saarland; LEADER-II-Aktionsgruppe LK Ostvorpommern;

Masterplan Bitterfeld-Wolfen; Mediationsverfahren Deichverlauf Spadenländer Busch; Mediationsverfahren Flughafen Frankfurt/Main; Mediationsverfahren Gewerbegebiet Hechingen; Mediationsverfahren Münchehagen Ausschuß; Mittelhessen-Runde; Modellregion Märkischer Kreis; Modellregion Rügen; Müritz Nationalpark-Ticket; Naturschutzkonflikte Teutoburger Wald

OBE-Initiative; Oberzentraler Städteverbund Bautzen-Görlitz-Hoyerswerda; Planet Harz Golfzentrum

Räumlicher Entwicklungsschwerpunkt Ernstberggebiet; Region Braunschweig - Region der Zukunft; Regionale Agenda Lausitz; Regionale Innovationsstrategie Weser-Ems; Regionale Strukturkonferenz Ostfriesland; Regionaler Entwicklungsschwerpunkt Saargau im Naturpark Saar-Hunsrück; Regionaler Entwicklungsschwerpunkt Sauertal (VG Irrel); Regionales Entwicklungsprogramm Münsterland

Regionalforum Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg; Regionalforum Leipzig-Westsachsen; Regionalforum Lüneburg-Celle; Regionalforum Mitteldeutschland; Regionalinitiative Torgau-Oschatz-Döbeln

Regionalkonferenz Dortmund/Kreis Unna/Hamm; Regionalkonferenz Halle; Regionalkonferenz Mühlheim-Essen-Oberhausen

Regionalmanagement Augsburg; Regionalmarketing Magdeburg; Regionalmarketing Westsachsen (Zwickau u.a)

REK Altmark; REK Bad Frankenhausen; REK Greiz-Reichenbach; REK Hellweg-Hochsauerland; REK Kreis Siegen-Wittgenstein; REK Lübeck; REK Metropolregion Hamburg; REK Niedrerhein; REK Schwarzatal; REK Südostniedersachsen; REK Weida-Talsperren; REK Westpfalz

Rheiderland-Plan, Zukunft zwischen Ems und Dollart; Rheingauentwicklung im Raum Mainz-Ingelheim; Rhöner Charme; Runder Tisch AGENDA 21 Niedersachsen; Runder Tisch Nationalpark Harz; Rundfunksender Holzkirchen

Sächsisch-Bayerisches Städtenetz; Schlüsselprojekt Grenzraum Uckermark-Schwedt-Stettin; Sonderabfalldeponie im Landkreis Soest; Sonderabfalldeponie Schleswig-Holstein; Städtebund Silberberg; Städteforum Südwest

Städtenetz Anke; Städtenetz Lahn-Sieg-Dill; Städtenetz Prignitz; Städtequartette Vechta-Lohne-Damme-Diepholz

Ständiger Gesprächskreis Moorburg; Standortmarketing Burbach/Siegerland

Teilraumgutachten Ansbach Hesselberg; Teilraumgutachten Augsburg; Teilraumgutachten Südbündnis; Teilraumgutachten Wissenschaftsstadt Ulm;

Zusammenarbeit in der Märkischen Region.

Literatur

Fürst, Dietrich; Peithmann, Ortwin: „Schlanker Regionalplan" – ein neuer Weg?, in: Raumforschung und Raumordnung 5/6 1999, S. 377-385.

Grabher, Gernot: The Weakness of strong Ties: The Lock-In of Regional Development in the Ruhr-Area, in: The embedded Firm – on the Socioeconomics of Industrial Networks, London/New York 1993, S. 255 – 277.

Hellmer, Friedhelm; Friese, Christian; Kollros, Heike; Krumbein, Wolfgang: Mythos Netzwerke. Regionale Innovationsprozesse zwischen Kontinuität und Wandel. Berlin 1999.

Messner, Dirk: Die Netzwerkgesellschaft. Wirtschaftliche Entwicklung und internationale Wettbewerbsfähigkeit als Problem gesellschaftlicher Steuerung. Köln 1995.

Powell, W. W. : Neither Market nor Hierarchy: Network Forms of Organization, in: Research in Organizational Behavior 12/1990, S. 295 – 336.